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Der Tierschutzverein Neuss im Einsatz - Unterwegs nach Polen

Wochenlange Vorbereitungen sind nötig, um einen solchen Hundetransport zu organisieren. Viele hilfsbereite, tierliebe Menschen sind hier im Einsatz und leisten ehrenamtlich neben dem Beruf wirklich Unglaubliches. Wenn feststeht, wie viele freie Pflegestellen zur Verfügung stehen, wird die entsprechende Anzahl Hunde vor Ort – in diesem Fall war es in Polen – ausreisefertig vorbereitet. Das bedeutet, die Hunde werden gechipt und geimpft und das Veterinäramt stellt die sogenannten TRACES aus, dies ist ein Netzwerk für Veterinärwesen und Tierschutz, das den Transport sowie die Ein- und Ausfuhr von Produkten tierischen Ursprungs und lebenden Tieren überwacht.

Dann werden Spendenaufrufe getätigt und benötigte Utensilien gesammelt und gelagert. In den meisten Fällen wird in erster Linie dringend Futter gebraucht, manche Tierheime verbrauchen hunderte von Kilos Trockenfutter pro Tag! Aber auch Näpfe, Decken, Handtücher, Körbchen und Medikamente sind in den europäischen Nachbarländern Mangelware. Was dann an Volumen zusammenkommt, passt kaum in einen 3,5 Tonnen Transporter und auch diese Dinge werden privat von uns gelagert, bis es verladen werden kann.

3 Fahrer haben sich bereit erklärt, diese Tour zu übernehmen, von freitagabends bis montagmorgens werden rund 3000 KM zu bewältigen sein:

Wir starten gegen 20:00 Uhr, alle drei Fahrer wechseln sich ab und als ich erwache, sehe ich die Skyline Warschaus im Nebel auftauchen, ich bin doch tatsächlich eingenickt! Und das auf dem schmalsten und unbequemsten Sitz aller Zeiten. Nach einem kurzen Frühstücksstopp (es war nicht so einfach um 07:00 Uhr morgens etwas Geöffnetes zu finden) ging es dann die letzten 200 KM über Landstraßen bis zum Tierheim. Dieses liegt außerhalb in einem Wald und als wir kurz davor anhalten um uns „hundgerecht“ umzuziehen, können wir das Gebell der Hunde schon hören. Ich bin vorbereitet, ich weiß was mich erwartet. Und doch, es trifft mich mitten ins Herz, alles in mir krampft sich zusammen, aber ich will tapfer sein und ich bin es auch. Meine beiden Mitfahrer sind schon öfter hier gewesen, ich erlebe es zum ersten Mal. Wir alle haben schon mehreren Hunden aus diesem Tierheim ein vorübergehendes Zuhause als Pflegestelle gegeben, nun erlebe ich wahrhaftig, wo sie herkommen:

600 Hunde leben hier und wenige werden das Glück haben, diesen Zwingern und der eisigen Kälte im

Winter zu entkommen. Wir machen uns sofort an das Ausladen der Spenden und die Mitarbeiter des Tierheims freuen sich riesig und packen fleißig mit an. Ich stürzte mich auf die Säcke und versuche

den ohrenbetäubenden Lärm der Hunde und den ungewohnten

Geruch zu ignorieren. Dabei habe ich vergessen, auf die bestimmte Tasche zu achten. In dieser befinden sich die Spanngurte, die für die Sicherung der Transportboxen benötigt werden. Während die Männer die Tasche suchen, werde ich von der Tierheimleiterin hereingebeten und herumgeführt.

Ich halte die Kamera mit tränengefüllten Augen auf unzählige Zwinger und kann mich gar nicht auf die einzelnen Schicksale dahinter konzentrieren. Das Gelände ist in Sektoren eingeteilt und die Hunde dürfen hier auch zum Teil frei herumlaufen. Hier wird in 3 Schichten gearbeitet, gefüttert und geputzt und ich registriere, dass alles sehr ordentlich und sauber ist. Freundlich sind die Hunde und sie werden von der Leiterin alle gestreichelt und geknuddelt. Das löst meine Verkrampfung etwas und lässt mich hoffen. Sie werden hier gut behandelt, das habe ich gesehen.

Die TSV Kollegen haben die Tasche gefunden und mit dem Aufbau der Transportboxen im

Fahrzeuginneren begonnen. Unermüdlich kommen die Zwei mir vor und ich versuche beim Sortieren der Sachspenden zu helfen. Rumstehen ist nicht angesagt und außerdem ist es dafür auch viel zu kalt. Ich verdränge die Erinnerung an die vor Kälte zitternden Hunde in ihren Zwinger.

Gegen 13.00 Uhr fahren wir in Richtung Lublin, dort wartet ein warmes Hotelzimmer auf uns. Nach einer heißen Dusche treffen wir 3 uns und erkunden die Stadt. Viel Zeit bleibt uns nicht, hier im Osten wird es noch früher dunkel und der Nebel sorgt dafür, dass alles in einem schummrigen Licht erscheint. Wir finden Dank unseres ortskundigen und polnisch sprechenden Kollegen ein Restaurant und genießen die landestypischen Speisen. Um 21:00 Uhr fallen wir alle todmüde ins Bett.

Gegen 08:30 Uhr sind wir wieder im Tierheim und werden auch schon von der Tierärztin erwartet. Alle Spenden sind wegeräumt und verstaut, aber wieder fehlt eine wichtige Tasche. Die mitgebrachten Halsbänder sind

verschwunden. Die Leinen hatten wir vorschriftsmäßig schon an die Transportboxen gehangen. Aber

wie durch ein Wunder taucht auch diese Tasche wieder auf und das „Einladen“ der Hunde beginnt. Jeder Hund wird einzeln nach draußen getragen und während die Chipnummern mit Hilfe eines Lesegerätes von der Tierärztin überprüft werden, bestimmt die Tierheimleiterin welcher Hund, ggf. auch mit einem anderen zusammen, in welche Box gesetzt wird. Nun fließen die ersten Tränen, der Abschied fällt ihr sichtlich schwer. 21 Hunde werden nun die Reise nach Deutschland antreten und hier ein eigenes Zuhause finden. Viel zu Wenige…!!!

Als wir abfahrtsbereit waren, wurden wir herzlich und dankbar verabschiedet.

Vor uns allen lag ein langer Weg zurück und das Wetter bremste uns zusätzlich aus. Regen, Nebel und relativ viel Straßenverkehr. Außerdem wurden unterwegs die vorgeschriebenen Pausen eingelegt. Wir lüfteten das Fahrzeug regelmäßig und schauten in die Boxen, ob dort drinnen alles ok war. Dem einen oder anderem wird schon mal schlecht oder etwas anderes landet verständlicher Weise in der Box. Wasser bieten wir ihnen auch an, aber die meisten Hunde wollten gar nichts. Mucksmäuschenstill waren sie alle, niemand hat gejammert oder gebellt. Das hatte ich mir schlimmer vorgestellt, war aber erleichtert, dass es so ruhig war. Es wurde spät und später und wir fuhren und fuhren. Endlos kam uns der Weg vor und stündlich wurden die Pläne geändert. Denn außer uns hatten sich auch noch eine ganze Menge anderer Menschen die Nacht um die Ohren geschlagen. „Schlimmer geht immer“, dachte ich mir so.

Nachdem wir 2 nächtliche Zwischenstopps mit dem Ausladen der ersten Hunde eingelegt hatten, erreichten wir Neuss dann tatsächlich doch noch.

Danke an Alle, die mit der Organisation und dem ganzen Drumherum beschäftigt waren!!!

Nun geht die aufopferungsvolle Arbeit weiter, die Pflegestellen sind damit beschäftigt, den Hunden das „normale“ Leben beizubringen, ihnen die Angst zu nehmen, sie ggf. tierärztlich versorgen zu lassen. Die sogenannten „Vermittlerinnen“ führen zahllose Gespräche mit Interessenten. Kein Weg ist ihnen zu weit, um das Kennenlernen zu ermöglichen und Vorkontrollen in den zukünftigen Familien durchzuführen. Manchmal geht es ganz schnell, manchmal dauert es mehrere Monate, bis das geeignete Zuhause für den jeweiligen Hund gefunden wird. Tja, und dann kommt unausweichlich der schwerste Part: Das einem liebgewonnene Tier zieht aus – in sein eigenes Zuhause. Mit einem weinenden und einem lachendem Auge geben wir sie wieder her, das ist Sinn und Zweck der Aktion. Natürlich schauen wir nach einiger Zeit dort dann auch noch mal vorbei und überzeugen uns, dass es unseren Schützlingen gut geht, denn erst dann kann man „loslassen“. Und dann? Dann beginnt alles von vorne, der nächste Notfall wird aufgenommen, der nächste Transport geplant. Es lohnt sich und mit Herzblut sind alle wieder dabei! Vergessen sind alle Strapazen:

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